In Ostdeutschland wurden sie wieder gesichtet: Elche, die größten Hirsche Europas. Jahrzehntelang galten sie in Deutschland als ausgestorben – nun kehren sie langsam zurück. Was einst undenkbar schien, wird zur stillen Erfolgsgeschichte des Artenschutzes und des grenzüberschreitenden Wildtiermanagements.
Elche – mit bis zu 2,30 Metern Schulterhöhe wahre Riesen unter den europäischen Wildtieren – waren über Jahrtausende auch in unseren Breiten heimisch. Fossilfunde zeigen, dass die Tiere in der späten Eiszeit weit verbreitet waren, auch auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. In Nordeuropa hingegen, vor allem in Schweden, Norwegen und Finnland, haben Elche bis heute durchgehend überlebt. In Mitteleuropa dagegen verschwanden sie nach und nach. Überjagung, schwindender Lebensraum und die zunehmende Kultivierung von Feuchtwäldern sorgten dafür, dass der Elch im 18. Jahrhundert aus Deutschland und anderen Regionen Mitteleuropas verschwand.
Neue Hoffnung aus dem Osten
In Polen und Tschechien dagegen erholten sich die Bestände langsam. Vor allem in Polen sorgte ein Jagdverbot seit 2001 dafür, dass sich die Population stabilisierte. Aus diesen Beständen heraus wandern immer wieder einzelne Tiere westwärts – ganz ohne menschliches Zutun. Dass sie dabei auch deutsche Regionen erreichen, ist kein Zufall: Vor allem Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bieten mit ihren ausgedehnten Wald- und Feuchtgebieten einen geeigneten Lebensraum für Elche. Dort tauchen sie seit etwa zwanzig Jahren wieder auf – zunächst vereinzelt, inzwischen regelmäßig.
Leben im Verborgenen
Besonders charakteristisch ist der Elchbulle mit seinem mächtigen Schaufelgeweih. Doch trotz seiner Größe lebt der Elch sehr zurückgezogen. Er liebt dichte Wälder, Moore und Uferzonen – immer in der Nähe von Wasser. Dort ernährt er sich vor allem von Weichhölzern wie Birke, Weide oder Espe, aber auch von Wasserpflanzen, Blättern und Knospen. Eine Besonderheit: Elche sind hervorragende Schwimmer – und nehmen auch größere Distanzen durch Seen oder Flüsse problemlos in Angriff.
Wissenschaftliche Begleitung
Wissenschaftler:innen begleiten die Rückkehr der Elche aufmerksam. Mit Fotofallen, GPS-Halsbändern und genetischen Untersuchungen lassen sich Bewegungsmuster und Verwandtschaftsverhältnisse analysieren. Schätzungen zufolge halten sich derzeit etwa zehn bis fünfzehn Elche dauerhaft in Deutschland auf. Noch handelt es sich also nicht um eine eigenständige Population – vielmehr durchstreifen einzelne Tiere auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen die Grenzregionen. Ob sich daraus langfristig wieder ein stabiler Bestand entwickelt, ist offen.

Begegnung mit Hindernissen
Die größte Bedrohung für Elche in Deutschland ist der Straßenverkehr. Da die Tiere bevorzugt in der Dämmerung aktiv sind, kommt es immer wieder zu gefährlichen Begegnungen mit Autos. Ihre Größe macht Kollisionen besonders riskant – für Mensch und Tier. Schutzmaßnahmen wie Wildwarnanlagen, Querungshilfen und gezielte Öffentlichkeitsarbeit sollen helfen, diese Gefahren zu minimieren.
Wildtier im Wandel
Die Rückkehr des Elchs wirft auch gesellschaftliche Fragen auf. Wie begegnet man einem Tier, das vielen Menschen hierzulande fremd geworden ist? Was bedeutet es, wenn Wildtiere sich wieder Lebensräume erschließen, die einst zu ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gehörten? Naturschutzorganisationen setzen auf Aufklärung und Dialog – und betonen die Bedeutung des Elchs als Teil unserer heimischen Biodiversität.
Ein leiser Besucher
Für Kinder und Familien kann es ein besonderes Erlebnis sein, von einem Elch in freier Wildbahn zu hören – oder mit etwas Glück sogar eine seiner Spuren zu entdecken. Und auch wenn die Tiere sehr scheu sind und direkte Sichtungen selten bleiben: Die Vorstellung, dass Deutschlands Wälder wieder von einem solch beeindruckenden Tier durchstreift werden, ist ein leiser Hoffnungsschimmer für den Artenschutz.