Sie sehen aus wie Biber mit Ratten-Schwanz und begegnen einem oft am Wasser – Nutrias. Die aus Südamerika stammenden Nager breiten sich in Deutschland immer weiter aus. Doch was bedeutet das für unsere Natur?
Immer häufiger entdecken Spaziergänger:innen entlang von Flüssen oder in Stadtparks die auffälligen Tiere. Sie sitzen auf Steinen, knabbern an Wasserpflanzen oder schwimmen mit ihren runden Köpfen durchs Wasser. Viele Familien sind fasziniert – besonders Kinder staunen über die zutraulichen Nager. Doch hinter dem possierlichen Auftreten steckt eine ernste ökologische Herausforderung.
Was sind Nutrias – und woher kommen sie?
Nutrias, auch Sumpfbiber genannt, stammen ursprünglich aus Südamerika und wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Europa gebracht, um in Pelzfarmen gehalten zu werden. Als die Nachfrage nach ihrem Fell zurückging, entkamen viele Tiere oder wurden ausgesetzt. In Deutschland fanden sie schnell geeignete Lebensräume, insbesondere in Gewässernähe. Dort fühlen sie sich wohl, bauen Höhlen in Uferböschungen und ernähren sich von Pflanzen. Besonders in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Brandenburg und rund um Hamburg lassen sich heute größere Populationen beobachten. In manchen Städten gehören sie fast schon zum gewohnten Bild – sehr zur Freude von Spaziergänger:innen mit Kamera oder Smartphone.

Wie viele Nutrias gibt es in Deutschland – und warum?
Durch die milderen Winter und das große Nahrungsangebot hat sich die Nutria-Population in den letzten Jahren stark vergrößert. Expert:innen gehen mittlerweile von über 200.000 Tieren bundesweit aus, Tendenz weiter steigend. Besonders problematisch ist ihre hohe Fortpflanzungsrate: Weibchen können mehrmals im Jahr Nachwuchs bekommen, und ein Wurf kann bis zu sieben Jungtiere umfassen. In Kombination mit dem Mangel an natürlichen Feinden entsteht so eine Population, die sich nur schwer kontrollieren lässt.
Welche Gefahren gehen von Nutrias aus?
Trotz ihres friedlichen Erscheinungsbildes gelten Nutrias als invasive Art, die heimische Ökosysteme stören kann. Sie graben weit verzweigte Höhlensysteme in Uferbereiche, was zu Instabilität führen und im schlimmsten Fall Dämme oder Deiche gefährden kann. Zudem verdrängen sie andere Tiere durch ihre starke Ausbreitung und ihren hohen Nahrungsbedarf. Besonders betroffen sind Amphibien, Wasservögel und kleinere Nagetiere. Auch ihr Einfluss auf die Pflanzenwelt ist spürbar: Nutrias fressen bevorzugt Wasserpflanzen, was langfristig das ökologische Gleichgewicht in Feuchtgebieten verändern kann. Hinzu kommt, dass sie Krankheitsüberträger sein können – etwa für Bakterien wie Leptospiren, die über das Wasser auch auf Menschen und Hunde übergehen können.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man einem Nutria begegnet?
Nutrias sind in der Regel nicht aggressiv und wirken oft zutraulich, wenn sie an menschliche Nähe gewöhnt sind. Dennoch sollte man ihnen mit Respekt begegnen. Das bedeutet vor allem: nicht füttern. Füttert man die Tiere, fördert man nicht nur unnatürliches Verhalten, sondern trägt auch zur weiteren Ausbreitung bei. Wer Nutrias sieht, sollte Abstand halten und ihnen Raum lassen. Besonders Eltern sind gefragt, ihren Kindern zu erklären, dass es sich um Wildtiere handelt, die man nicht streicheln oder verfolgen sollte. Eine Begegnung mit einem Nutria kann ein spannendes Naturerlebnis sein – vorausgesetzt, sie geschieht mit Rücksicht auf Tier und Umwelt.
Spannende Fakten für neugierige Familien
Nutrias wiegen zwischen fünf und zehn Kilogramm und erreichen eine Länge von bis zu sechzig Zentimetern – hinzu kommt ihr markanter, unbehaarter Schwanz. Ihre auffällig orange gefärbten Zähne entstehen durch eisenhaltiges Zahnbein. Sie leben meist in Familiengruppen, sind dämmerungs- und nachtaktiv, lassen sich aber auch tagsüber blicken. Ihre Lebenserwartung in freier Wildbahn beträgt rund drei bis sechs Jahre. Obwohl sie an Biber erinnern, sind sie mit diesen nicht verwandt, sondern gehören zur Familie der Trugratten.