Seit Kurzem leben zwei Minischweine auf dem Naturkind Hof und alle sind verliebt in die süßen Rüsselnasen. Aber ihre Couteness sollte nicht der Grund für den Einzug von Minischweinen im eigenen Garten sein. Was du bedenken solltest, wenn du mit dem Gedanken spielst, diese Tiere in dein Leben zu lassen …
Minischweine sind kluge Tiere – ihr IQ ist höher als der eines Hundes. Wenn man sich intensiv mit ihnen beschäftigt, kann man ihnen sogar einige Tricks beibringen. Hat man ihr Vertrauen gewonnen, lassen sich viele von ihnen (vor allem Sauen) gern streicheln. Anders als ein weit verbreitetes Vorurteil es behauptet, sind Schweine sehr reinliche Tiere. In der Regel suchen sie sich eine feste Toiletten-Ecke in ihrem Gehege und verrichten ihr Geschäft ausschließlich dort. Einen unangenehmen Geruch verströmen Sauen und kastrierte Eber nicht – lediglich unkastrierte Eber können mit der Zeit unangenehm riechen. Bei guter Haltung und Pflege können Minischweine 15 Jahre alt oder sogar älter werden. Doch muss vor der Anschaffung einiges beachtet werden.
Minischweine dürfen nicht ohne Genehmigung gehalten werden
Minischweine gelten als Nutztiere und ihre Haltung ist nicht überall erlaubt. In reinen Wohngebieten beispielsweise kann es untersagt sein, Minischweine zu halten. Vor der Anschaffung muss man sich deshalb beim zuständigen Veterinäramt erkundigen. Stimmt das Veterinäramt einer Haltung zu, erfährt man dort auch die Auflagen (die von Region zu Region unterschiedlich und teils streng sein können). Eine Meldung der Tiere bei der Tierseuchenkasse ist ebenfalls verpflichtend. Ohrmarken für Schweine erhält man beispielsweise online auf dem vit-Portal. Wer zur Miete wohnt muss außerdem seine Vermieterin oder seinen Vermieter vorher um Erlaubnis bitten. Diese:r kann die Haltung verbieten.
Minischweine bleiben nicht MINI!
Erinnerst du dich an den Film „Ein Schweinchen namens Babe“? Wer hätte dieses kleine Ferkel nicht gern zum Freund gehabt! So klein wie Babe bleiben Schweine aber nicht. Auch sogenannte Minischweine oder Mikroschweine wachsen zu einer stattlichen Größe heran. Minischweine können 30 bis 50 cm hoch und bis zu 150 Kilogramm schwer werden und sind damit alles andere als mini. Als Durchschnitt gelten 60-80 Kilogramm. Im Internet kursieren leider viele Fehlinformationen dazu und deshalb sind Minischweinehalter:innen regelmäßig überrascht und nicht selten überfordert, wenn ihre einst nur handgroßen Ferkel plötzlich doppelt so schwer sind wie sie selbst. Oft werden die Elterntiere beim Kauf gezeigt und diese sollen „beweisen“, dass die Ferkel klein bleiben. Doch Minischweine sind schon mit wenigen Monaten geschlechtsreif und erst mit 4-5 Jahren ausgewachsen. Die Elterntiere sind also oft selbst noch sehr jung und nur deshalb so klein. Sogenannte Mikroschweine bleiben zwar kleiner als Minischweine (20-35 cm hoch, bis 40 kg schwer), doch stammen sie oft aus Qualzuchten und sind dann anfällig für Krankheiten. Nicht selten sterben diese Tiere schon mit wenigen Monaten bis Jahren.
Die endgültige Größe zu schätzen ist im Ferkelalter schwer. Wer auf Nummer Sicher gehen will, nimmt ein ausgewachsenes Schwein auf (4-5 Jahre können Minischweine wachsen).
Minischweine brauchen viel Platz
So ein niedliches Minischwein kann man doch hervorragend in der Wohnung halten. Einfacher als einen Hund sogar – schließlich kann man es trainieren, ein Katzenklo zu benutzen. Halt, Stopp! Eine artgerechte Haltung von Minischweinen erfordert unbedingt ein ausbruchssicheres Gehege im Freien. Ohne Auslauf, Tageslicht, frische Luft und Erde zum Umgraben fühlen sie sich aber nicht wohl.
Der Platzbedarf wächst mit der Anzahl der Tiere. Für zwei Minischweine sollte das Gehege mindestens 200 Quadratmeter groß und abwechslungsreich gestaltet sein. Man kann ihnen beispielsweise eine Suhle anlegen, Baumstämme, Stein- und Reisighaufen anbieten oder auch spezielles Schweine-Spielzeug wie Beißringe oder Leckerli-Bälle. Vielerorts gibt es bestimmte Auflagen für die Einzäunung des Geheges (um Wildschweine fernzuhalten). So kann es beispielsweise Pflicht sein, das Gehege doppelt einzuzäunen und zwischen den Zäunen einen bestimmten Abstand einzuhalten. Eine gut isolierte Hütte schützt vor Wind und Wetter und wird – unabhängig von der Jahreszeit – gern zum Schlafen genutzt. Für zwei durchschnittlich große Minischweine sollte die Hütte mindestens 180×180 cm groß und 120 cm hoch sein. Die Tür sollte 80 cm breit und 80-100 cm hoch sein. Kunststoffbahnen davor schützen vor Wind und Wetter und ermöglichen den Tieren jederzeit rein- und rauszugehen. An zusätzliche Lüftungsschlitze sollte man auch denken. Ein Stromanschluss kann sinnvoll sein, um in einem richtig harten Winter eine Heizung anschließen zu können. Mancherorts (bei uns beispielsweise) wird vom Veterinäramt ein verschließbarer und von Menschen begehbarer Stall statt einer Hütte gefordert. Die Tiere müssen darin übernachten und im Seuchenfall dürfen sie den Stall gar nicht verlassen. Deshalb ist schon bei der Planung zu überlegen, direkt einen größeren Stall mit Fenstern zu errichten.
Unbedingt wissen sollte man, dass Minischweine nichts von einem englischen Rasen halten. Innerhalb kurzer Zeit verwandeln sie eine grüne Wiese in eine Matschfläche. Sie buddeln und wühlen für ihr Leben gern und graben mitunter auch Zierpflanzen aus.
Minischweine brauchen vernünftiges Futter
So ein Schwein im Garten ist praktisch – man füttert ihm einfach alle in der Küche anfallenden Abfälle und Essensreste. Davon gehen viele Menschen aus. Hat man ja schließlich früher auch so gemacht. FALSCH! Minischweine sind zwar Allesfresser, das heißt aber noch lange nicht, dass sie wirklich alles fressen (dürfen). Zum einen gibt es Lebensmittel, die für den Menschen verträglich und für Minischweine gefährlich sind – etwa Avocado, Zwiebel oder Schokolade. Und zum anderen gibt es gesetzliche Auflagen zur Schweinefütterung. Fleisch und Fisch sowie zubereitete Essensreste von Menschen dürfen sie nicht bekommen. Fallen in der Küche Schalen von Obst oder Gemüse an, ist das okay. Grundsätzlich brauchen Minischweine aber zwei- bis dreimal täglich eine artgerechte Futtermischung, die speziell für ihre Ansprüche zusammengestellt wurde. Diese kann man im Fachhandel kaufen. Zusätzlich sollte Heu angeboten werden. Hin und wieder etwas Obst und Gemüse und als Leckerlis ein paar Rosinen, etwas Käse oder Joghurt sind in Ordnung.
Wichtig ist, dass das Gewicht im Auge behalten wird. Minischweine – vor allem wenn sie (wie unsere beiden) mit Hängebauchschweinen gekreuzt wurden – neigen dazu, übergewichtig zu werden. Minischweine haben kein Sättigungsgefühl. Ein ständiges Futterangebot ist deshalb nicht sinnvoll. Da Schweine verspielt sind, kann man aus dem Füttern auch ein Spiel machen und beispielsweise Leckerlis verstecken, vergraben oder in einen speziellen Ball füllen. Als Richtlinie gelten 1-3 % des Körpergewichts als tägliche Futtermenge. Bei einem Schwein, das 60 kg wiegt sind das also 600 bis 1.800 g am Tag. Zusätzlich brauchen Minischweine immer Zugang zu sauberem Wasser in Trinkwasserqualität.
Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. empfiehlt für Minischweine folgendes Futter:
- Vitamine: Äpfel, Birnen, Trauben, Zucchini, Karotten, Salat, Kürbis, Brennnessel, Brunnenkresse
- Pflanzliches Eiweiß: Erbsen, Bohnen und Sojaschrot
- Tierisches Eiweiß: Quark, Joghurt, Buttermilch und Trockenmagermilch
- Energielieferanten: Gerste, Roggen, Weizen, Mais, Hafer, Eicheln und Bucheckern
- Gegen den Hunger: Gras, Heu, Kartoffeln, Luzerne und Rüben
Theoretisch kann man das Futter für Minischweine zwar selbst mischen, doch kann man dabei viele Fehler in der Zusammensetzung machen und sollte deshalb lieber fertige Futtermischungen (Müsli oder Pellets) aus dem Fachhandel bevorzugen. Diese sind nicht billig – das solltest du vor der Anschaffung von Minischweinen unbedingt bedenken!
Minischweine darf man nicht allein halten
In Deutschland ist es inzwischen zum Glück verboten, Schweine allein zu halten. Mindestens zwei Minischweine muss man zusammen halten – wobei Tierschutzorganisationen wie peta eine Gruppengröße von mindestens vier Tieren empfehlen. Andere Tiere wie Hunde, Ziegen oder Hühner können sich zwar gut mit Minischweinen vertragen, aber niemals Artgenossen ersetzen! Mehrere Schweine erfordern natürlich mehr Platz und mehr Futter, einen höheren Pflegeaufwand und höhere Kosten bei Tierärztin oder Tierarzt. Das sollte alles nicht unterschätzt werden.
AUSNAHME
Sollte sich ein Schwein absolut nicht mit Artgenossen sozialisieren lassen, kann eine Ausnahmegenehmigung zur Alleinhaltung beantragt werden.
Minischweine dürfen nicht spazieren geführt werden
Immer wieder kursieren im Internet Fotos und Videos von Minischweinen, die wie Hunde an einer Leine oder auch ohne spazieren geführt werden. Viele Menschen denken deshalb einmal mehr, es sei kein Problem, ein Schwein rein in der Wohnung zu halten. Das Spazierengehen mit Minischweinen – die als Nutztiere gelten – außerhalb privater Grundstücke ist jedoch EU-weit verboten. Minischweine brauchen ein großes Gehege im Freien, in dem sie nach Herzenslust wühlen und auf dem sie sich suhlen können. Darin kann man sich mit ihnen beschäftigen.
Männliche Minischweine kriegen Hauer
Männliche Minischweine – egal ob kastriert oder nicht – bekommen mit der Zeit richtige Hauer. Bis zu 10 Zentimeter lang und messerscharf werden ihre herausstehenden Eckzähne. Damit können sie Artgenossen, andere Tiere und natürlich auch Menschen ernsthaft verletzen. Das muss nicht einmal in böser Absicht geschehen. Beim Spiel oder bei einer Kuschelattacke drehen einige Exemplare auf und vergessen dabei ihre gefährliche Grundausstattung. Zwischen Schweinen einer Gruppe kann es auch zu Auseinandersetzungen kommen, bei denen die Hauer Spuren hinterlassen. Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, ist das Kürzen dieser beiden Zähne. Das ist jedoch nicht so einfach – selbst zutrauliche Tiere finden daran in der Regel keinen Gefallen und die wenigsten halten freiwillig still. Wer Ferkel aufnimmt, sollte deshalb von Anfang an immer wieder spielerisch in den Mund fassen, um das Vertrauen des Tieres zu gewinnen. Mit etwas Übung und ein paar Tricks kann das Kürzen der Hauer ohne Unterstützung einer Tierärztin oder eines Tierarztes gelingen. In einigen Fällen lassen sich die Schweine das aber nicht gefallen und es ist nur unter Vollnarkose möglich. Man sollte diesen Fakt im Hinterkopf haben – auch wenn es um die Geschlechterwahl geht.
Weibliche Minischweine kommen in die Rausche
Geschlechtesreife Sauen haben einmal pro Monat ihre „Tage“, die man bei Schweinen Rausche nennt. Wie bei uns Menschen reagieren sie darauf ganz unterschiedlich. Manche Sauen sind in dieser Zeit (meist drei bis vier Tage) sehr laut und schreien regelrecht. Das kann die Nachbarschaft stören und andere Tiere in der Gruppe irritieren. Andere Sauen sind während ihrer Rausche besonders anschmiegsam und kuschelbedürftig, andere eher abweisend bis aggressiv. Manche Sauen bedrängen oder bespringen ihre Artgenossen (andere Sauen und auch kastrierte Eber) während ihrer Rausche, was zu Streitereien führen kann.
Minischweine brauchen Klauenpflege
Minischweine sind Paarhufer und das bringt einen gewissen Pflegeaufwand mit sich. Damit die Klauen gar nicht erst übermäßig lang werden, sollte man den Schweinchen in ihrem Gehege Möglichkeiten zur Abnutzung geben – beispielsweise einige Waschbetonplatten hinlegen. Doch das allein verhindert in der Regel nicht, dass die Klauen mit der Zeit länger werden und beginnen sich vorne nach oben zu rollen. Alle zwei bis drei Monate sollte man sie schneiden. Ob man das als Besitzer:in selbst schafft oder Unterstützung durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt benötigt, hängt auch wieder nicht zuletzt von der Bindung ab. Sind die Schweine sehr zutraulich und von Anfang an gewöhnt, an ihren Füßen angefasst zu werden, kann man sich um die Klauenpflege selbst kümmern. die Schweine liegen dazu am besten auf der Seite und werden von einer zweiten Person am Bauch gestreichelt. In besonders schweren Fällen ist auch das Klauenschneiden nur unter Vollnarkose möglich.
Rebecca Sommer
Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 36-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.