Weniger ist mehr: Minimalismus im Kinderzimmer leben

Minimalismus Kinderzimmer
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Jede Familie kennt das Phänomen der in allen Räumen verstreuten Kindersachen. Je älter die Kinder werden, desto mehr Spielzeug sammelt sich an und bietet Konfliktpotential rund ums Aufräumen. Minimalismus im Kinderzimmer scheint da als eine naheliegende Lösung, doch ist er auch realistisch?

Eisenbahnschienen, die durchs gesamte Kinderzimmer verlaufen, verteilte Puppenkleidung und sorgsam an strategischen Punkten aufgebaute Holztiere. Nicht zu vergessen Bastelsachen und Naturschätze vom letzten Waldspaziergang die „ganz wichtig“ sind und auf keinen Fall aussortiert werden dürfen. Willkommen im Kinderzimmer.
Wenn sich zu viele Dinge im Zimmer der Kinder befinden, fällt die Konzentration auf eine bestimmte Sache für längere Zeit schwerer. Meist wechseln Kinder dann den Raum und suchen einen neuen, freien Platz zum Spielen. Für viele Eltern ist spätestens dann der Zeitpunkt gekommen, in denen es ihnen zu viel wird und sie den Drang nach mehr Ordnung verspüren. Meist verbunden mit dem Wunsch, einmal kräftig auszusortieren und die Menge an Spielzeug zu reduzieren.

Kreativität und Fantasie Raum geben

Weniger Spielzeug zu besitzen macht in vielerlei Hinsicht Sinn. Und auch die Art des Spielzeugs ist von Bedeutung. Denn mehr Raum und weniger Vorgegebenes regen Kreativität und Fantasie an. Ist das Regal gerade ein Kaufmannsladen, eine Postfiliale oder eine Küche? Bunte Tücher können zum Höhle Bauen, verpacken oder Verkleiden genutzt werden. Haben Spielzeuge dagegen einen festen Bezugsrahmen ist deren Nutzung nur eingeschränkt möglich. Der kindliche Forscherdrang und Erfindungsreichtum wird nicht angesprochen.

Beim Spiel vergessen Kinder die Welt um sich herum und versinken darin. Dazu brauchen sie nicht viel. Jeder kennt den Moment, in dem das Kleinkind hochkonzentriert mit Alltagsgegenständen wie Taschentüchern spielt. Größere Kinder gehen ganz und gar im Malen oder Höhle-Bauen auf. Inzwischen gibt es sogar Kindergärten, die dies in ihr Konzept aufgenommen haben und phasenweise oder sogar komplett frei von Spielzeug sind. Stattdessen stehen den Kindern unstrukturierte Materialien wie Seile, Schachteln oder die Möbel zum Spiel zur Verfügung.

Wenn Dinge so vielfältig genutzt werden können, wird in der Summe weniger Spielzeug benötigt. Dadurch ist es wiederum einfacher, Ordnung und Überblick zu behalten. Sowohl für die Kinder, als auch für die Eltern.

Ist Minimalismus im Kinderzimmer realistisch?

Auch wenn es also in der Theorie einleuchtend klingt, warum im Kinderzimmer weniger mehr ist, sieht die Realität oft anders aus. Was im Babyalter noch einfach ist, wird mit jedem kleinen Geschenk, dass das Kind bekommt schwieriger. Gerade, wenn sie bei Freunden sind, die ganz andere Dinge besitzen, beginnt oft das große „Ich-will-auch“. Dazu kommen die vielen Kleinigkeiten, die „aber total wichtig sind“ und Stapel an selbst gemachten Kunstwerken.
Wie können wir also eine Balance finden, dass im Kinderzimmer eine auch für die Kinder nachvollziehbare Grundordnung herrscht, Raum zum freien Spielen bleibt und wir die Wünsche der Kinder dennoch nicht übergehen?

Tipps für Minimalismus im Kinderzimmer

Zunächst hilft es, sich von festen Bildern im Kopf frei zu machen. Kinderzimmer, die wir auf Pinterest oder Instagram sehen müssen nicht unsere sein. Findet gemeinsam heraus, was euch wichtig ist. Mit welchen Sachen spielen die Kinder tatsächlich gern und über einen längeren Zeitraum? Dabei auch ehrlich sein und eingestehen: Möglicherweise sind die Sachen, die am wenigsten bespielt werden oder die die Kinder zuerst aussortieren die, die wir für sie ausgesucht haben oder einen emotionalen Wert für uns, nicht aber für unsere Kinder haben.

Orientiert euch daran, Reizüberflutung möglichst zu vermeiden und das Zimmer auf Augenhöhe der Kinder zu gestalten.

Aussortieren

Also geht es an das Aussortieren. Davor solltet ihr das Kind um Erlaubnis fragen oder es gleich mit ihm zusammen machen. Keine Dinge gegen den Willen des Kindes verschwinden lassen. Redet darüber, welche Sachen gebraucht oder geliebt werden. Gibt es Dinge, die vielleicht nicht mehr oder noch nicht dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechen? Diese können im Keller oder auf dem Dachboden für einen späteren Zeitpunkt verstaut oder weitergegeben werden.

Dinge, die kaputt oder mehrfach vorhanden sind können ebenfalls getrost das Kinderzimmer verlassen. Spielsachen, die momentan nicht viel bespielt werden, aber vielleicht später interessant sein könnten, können ebenfalls außerhalb des Kinderzimmers aufbewahrt werden. So kann das Angebot im Spielzimmer immer mal wieder Rotieren, ohne dass etwas Neues angeschafft wird.

Jedes Ding an seinen Ort

Dann sollte jede Sache, die im Kinderzimmer verbleibt einen festen Ort bekommen. Dabei hilft eine einfache Kategorisierungen. Je nach Alter der Kinder könnt ihr an Kisten und Körben auch kleine Bildchen angebringen, damit die Ordnung auch für die Kleinen nachvollziehbar ist, beispielsweise eine Bücherkiste, ein Korb für Tücher, ein Korb für Tierfiguren, ein Korb für Bauklötze.

Praktisch ist auch eine Kiste für Kleinkram und Dinge, die keinen festen Platz haben. Diese könnt ihr in regelmäßigen Abständen durchgehen und daraus aussortieren, was nicht mehr genutzt wird.

Erinnerungsstücke können in einer gesonderten Kiste gut verwahrt und gemalte oder gebastelte Bilder darin zusammengeheftet aufgehoben werden.

Dran bleiben!

Wenn erstmal eine Grundordnung im Kinderzimmer herrscht ist die Basis für euren persönlichen Minimalismus im Kinderzimmer erreicht. Nun ist es wichtig, am Ball zu bleiben. Überlegt vor jeder Anschaffung, ob ihr vielleicht schon etwas ähnliches besitzt und ob es auch langfristig Freude bereiten wird. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, öfter mal etwas auszuleihen oder zu tauschen? Gerade wenn es um Bücher und Spiele geht sind die örtlichen Büchereien eine gute Anlaufstelle. So erfahren die Kinder auch, was verantwortungsvoller Konsum bedeutet.

Minimalismus kann also auch im Kinderzimmer funktionieren, allerdings muss hier jede Familie ihren individuellen Weg finden. Wichtig ist, die Bedürfnisse aller zu beachten und bei der Gestaltung mit einzubeziehen.

Farina Stockamp

Farina Stockamp lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Stuttgart. 2020 war sie für das Naturkind Online-Magazin tätig.