Hausgeburt: Unter welchen Umständen sie nicht möglich ist

© Pormezz / Adobe Stock

Du bist schwanger und denkst darüber nach, dein Baby zu Hause auf die Welt zu bringen? Viele Argumente sprechen für die Hausgeburt und oft ermöglicht sie einen besonders sanften Start ins Leben. Doch unter manchen Umständen ist sie für dich keine Option. Welche das sein können…

Immer mehr werdende Eltern hierzulande ziehen eine Hausgeburt in Erwägung. Was früher ganz alltäglich war, ist in den letzten Jahrzehnten eher zur Ausnahme geworden. Durch die Corona-Krise und damit verbundene Maßnahmen ist das eigene Zuhause als Geburtsort für viele nun eine mögliche Option oder sogar die erste Wahl. Leider kann dieser Wunsch nicht allen erfüllt werden.

Was tun, wenn eine Hausgeburt nicht möglich ist?

Vorab: Wir gehen in diesem Beitrag nicht von einer Alleingeburt aus, sondern von einer Hausgeburt, die in Deutschland geplant stattfindet und von erfahrenen Hebammen begleitet werden soll. In diesem Fall wird ein Teil der Kosten in der Regel von der gesetzlichen Krankenkasse der gebärenden Person übernommen und die Hebamme ist (durch ihre speziell Haftpflichtversicherung) versichert. Erfüllt die gebärende Person jedoch gewisse Kriterien nicht, können diese beiden Faktoren wegfallen. Dann würde die Krankenkasse die Kosten nicht anteilig übernehmen und der Versicherungsschutz der Hebamme wäre eventuell nicht gegeben. Wohl kaum eine Hebamme wäre – wissentlich dieser Umstände – bereit, eine Hausgeburt zu begleiten und das Risiko zu tragen. Da auch ein Geburtshaus als möglicher Geburtsort dann eventuell wegfallen würde, käme nur eine Klinikgeburt in Frage. In vielen Kliniken gibt es die Möglichkeit, sich von einer Beleghebamme begleiten zu lassen. Diese kann man bereits während der Schwangerschaft kennenlernen, mit ihr alle Wünsche besprechen und sicher sein, dass sie die ganze Geburt über anwesend sein wird. Die meisten gesetzlichen Krankenkassen bezuschussen die Kosten, die für die Rufbereitschaft einer Beleghebamme anfallen. Ist die Begleitung durch eine Beleghebamme nicht möglich, kann ein:e Doula eine vertrauensvolle Begleitperson sein, die während der Geburt unterstützend zur Seite steht. Eine Klinikgeburt muss nicht steril und unpersönlich ablaufen. Auch in einem Kreißsaal kann man einem Baby einen sanften und liebevollen Start ins Leben ermöglichen.

Was gegen eine Hausgeburt spricht

Der Gesetzgeber hat gewisse Kriterien festgelegt, welche für eine Hausgeburt erfüllt sein müssen bzw. andersherum gegen eine Hausgeburt sprechen. Diese mögen teilweise streng erscheinen. Doch sie sollen in erster Linie das Leben der gebärenden Person und des Babys schützen. Das Risiko, dass es zu Hause zu Komplikationen kommt, soll so gering wie möglich gehalten werden, da kein:e Ärzt:in und kein OP-Saal in unmittelbarer Nähe sind und eine Verlegung unter der Geburt in eine Klinik Stress bedeutet. Stress kann wiederum zu weiteren Komplikationen führen. Damit das eigene Zuhause ein sicherer Geburtsort ist, sollten sich Schwangere demnach an den Kriterien orientieren, den Empfehlungen ihrer Ärzt:innen oder Vorsorgehebammen vertrauen und keine unnötige Gefahr eingehen.

Gegen eine Hausgeburt werden sich die behandelnden Fachkräfte beispielsweise aussprechen wenn:___STEADY_PAYWALL___

  • Eine Risikoschwangerschaft besteht.
  • Vorerkrankungen wie Diabetes (auch Schwangerschaftsdiabetes), Bluthochdruck oder eine Gerinnungsstörung bekannt sind.
  • Eine Plazentafehllage erkannt wurde.
  • Die 37. Schwangerschaftswoche noch nicht beendet wurde.
  • Die 42. Schwangerschaftswoche überschritten wurde.
  • Die Schwangere mit HIV infiziert ist.
  • Eine Blutgruppenunverträglichkeit besteht.
  • Komplikationen während der Geburt zu erwarten sind (eventuell auch, wenn es bei früheren Geburten Komplikationen gab).
  • Eine Steiß- oder Querlage des Kindes ersichtlich ist.
  • Beim Ungeborenen eine Erkrankung oder Fehlbildung festgestellt wurde.

Häufig wird auch bei einer Mehrlingsschwangerschaft von einer Hausgeburt abgeraten, ebenso wird man bei einer Vielgebärenden (ab der 4. Geburt) und bei einer Schwangeren mit vorzeitigen Wehen sowie bei einem vorangegangenen Kaiserschnitt genauer hinsehen und die Risiken im Einzelfall abwägen. Verantwortungsvolle Ärzt:innen und Hebammen werden zudem bei starken Raucherinnen, Schwangeren nach Ausschabungen oder mit Beckenanomalien nicht leichtfertig zu einer Hausgeburt raten.

Was zusätzlich bedacht werden sollte

Selbst wenn alle Kriterien erfüllt sind und aus medizinischer Sicht nichts gegen eine Hausgeburt spricht, ist sie dennoch nicht für jede gebärende Person die richtige Wahl. So sollte bedacht werden, dass schmerzlindernde Hilfen wie eine PDA (Periduralanästhesie) oder stärkere Schmerzmittel zu Hause nicht ermöglicht bzw. verabreicht werden können. Ebenso ist ein Wehentropf ausgeschlossen und auch eine Saugglocke oder Zange kann zu Hause nicht zum Einsatz kommen.

Der Wohnort sollte nicht zu weit von dem der betreuenden Hausgeburtshebamme und auch nicht von der nächsten Klinik entfernt sein – rund 12 Prozent aller Hausgeburten in Deutschland müssen abgebrochen und in die Klinik verlegt werden (bei Erstgebärenden trifft es fast die Hälfte). Die Fahrt mit dem Auto bzw. Krankenwagen dorthin sollte nicht länger als 20 Minuten dauern. Zu bedenken ist außerdem, dass bei einer Verlegung in eine Klinik die vertraute Hausgeburtshebamme in aller Regel nicht mitkommen kann. Eventuell begleitet sie noch den Weg zur Klinik, doch übergibt spätestens an der Kreißsaaltür dann an eine Hebamme, die der gebärenden Person vermutlich unbekannt ist. Eine Hausgeburt ist – anders als eine Klinikgeburt – mit Kosten verbunden, die von der gebärenden Person selbst getragen werden müssen. Diese fallen auch dann an, wenn die Hausgeburt abgebrochen werden muss. Die Kosten sind nicht unerheblich, sodass für manche werdenden Eltern schon allein aus finanziellen Gründen eine Hausgeburt nicht in Frage kommt.

Ein weiterer Grund, der gegen eine Hausgeburt sprechen könnte, ist das Zuhause selbst. Manche gebärende Personen fühlen sich unwohl bei der Vorstellung, Nachbarn könnten sie unter der Geburt schreien oder stöhnen hören. Das könnte sie hemmen und den Geburtsverlauf negativ beeinflussen. Wer also in einer besonders hellhörigen Wohnung oder in einem Reihenhaus wohnt, sollte diesen Aspekt bedenken. Auch sollte die Betreuung von Geschwisterkindern, Haustieren und die Erledigung von Haushaltspflichten geregelt sein. Während und in den Tagen nach der Geburt sollte viel Ruhe und Erholung garantiert sein – die Zeit im Wochenbett ist sehr wichtig und wer zu Hause zu viel Trubel hat, sollte sich überlegen, ob eine Klinikgeburt mit anschließendem Aufenthalt auf der Station nicht die bessere Lösung wäre.

Wenn du mit dem Gedanken spielst, dein Baby zu Hause auf die Welt zu bringen, solltest du alle Vor- und Nachteile genau bedenken und deinen Wunsch bei der nächsten Vorsorgeuntersuchung ansprechen. Dieser Beitrag stellt keine medizinische Beratung dar und ersetzt keinesfalls die Beratung durch medizinisches Fachpersonal.

Rebecca Sommer Journalistin Autorin Naturkind
Rebecca Sommer

Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 35-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.