Lange Zeit galt Fencheltee als bewährtes Hausmittel gegen Blähungen und Bauchschmerzen. Heute raten Expert:innen Stillenden und Kindern unter vier Jahren davon ab, Fencheltee zu trinken.
Fencheltee soll auf natürliche Weise Beschwerden des Magen-Darm-Trakts mindern. Eine wissenschaftliche Bestätigung über diese Wirkung gibt es nicht. Dennoch haben viele Generationen bei Klein und Groß auf Fencheltee gesetzt, wenn der Bauch gezwickt hat. Auch sogenannten „Schreibabys“ wurde Fencheltee früher häufig zur Beruhigung empfohlen. Nach heutigem Forschungsstand sind jedoch mögliche Gesundheitsrisiken bekannt, die von Fencheltee ausgehen können. Stillende und Kinder unter vier Jahren sollten deshalb gar keinen Fencheltee trinken und andere Personengruppen sollten das Getränk nur in Maßen genießen – raten Expert:innen.
Das macht Fencheltee angeblich gefährlich
Problematisch am Fencheltee soll der enthaltene Stoff Estragol sein, wie kürzlich unter anderem die EU-Arzneimittelagentur (EMA) in einer öffentlichen Meldung sowie das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (dpa) gewarnt haben. Forschende sollen demnach in Tierversuchen festgestellt haben, dass Estragol mögliche Krebsrisiken birge und zudem sollen sie schädigende Einflüsse auf das Erbmaterial der Versuchstiere festgestellt haben. Estragol kommt natürlicherweise in Gewürzfenchel (Süßer Fenchel) vor und wird auch in Fencheltee nachgewiesen. Der Gehalt an Estragol schwankt von Tee zu Tee sehr stark – in manchen Sorten wurde bei einer österreichischen Untersuchung 60-mal so viel Estragol nachgewiesen, wie in anderen.
Aktuelle Empfehlungen
In der Fachwelt ist seit Jahren bekannt, dass Fencheltees Estragol enthalten und dieses ätherische Öl im Verdacht steht, krebserregende und genverändernde Eigenschaften zu besitzen (was bislang allerdings ausschließlich in Tierversuchen nachgewiesen werden konnte). Neuer ist die offizielle Schlussfolgerung der EMA dazu. Da weiterhin ungeklärte Fragen bestehen und bislang kein genauer Grenzwert festgelegt wurde – was auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) bestätigt -, raten zahlreiche Expert:innen aktuell davon ab, Kindern unter vier Jahren Fencheltee und andere Produkte die Gewürzfenchel enthalten (beispielsweise manche Babybreie) anzubieten. Prof. Dr. Berthold Koletzko – Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. – beispielsweise, ist zwar gegen eine Panikmache, rät Eltern aber dennoch, die EMA-Empfehlung zu beherzigen.
Stillenden wird vorsichtshalber ebenfalls gänzlich vom Fencheltee-Konsum abgeraten. Kinder bis zum elften Lebensjahr sollten nur geringe Mengen aufnehmen und selbst Erwachsene sollten Fenchelprodukte in Maßen und nicht täglich über mehrere Wochen hinweg in großen Mengen genießen.
Mögliche Alternativen zu Fencheltee
Eltern, die nun nach alternativen Mitteln zu Fencheltee für ihre kleinen Kinder suchen, sollten sich vertrauensvoll an eine medizinische Fachkraft wenden und im Einzelfall individuell beraten lassen. Bei Blähungen empfehlen einige Expert:innen derzeit beispielsweise Kümmeltee statt Fencheltee. Eltern, die ein sogenanntes „Schreibaby“ haben, können eine spezielle Schreiambulanz in ihrer Nähe aufsuchen und dort gemeinsam mit Fachleuten mögliche Lösungswege finden.
Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag dient der Information und ersetzt keinesfalls die fachliche Beratung durch einen Arzt oder eine Apothekerin. Ebenso darf er nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose oder Behandlung betrachtet werden.
Rebecca Sommer
Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 35-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.