In Deutschland gibt es nicht genug Familien, die Kindern in akuten Krisensituationen kurzfristig ein sicheres Zuhause bieten können. Wenn du dich sozial engagieren und einem Kind in Not eine stabile Umgebung auf Zeit geben möchtest, erfährst du hier, welche Voraussetzungen du erfüllen musst und wie der Weg zur Bereitschaftspflegeperson aussieht.
Wenn Kinder plötzlich aus ihren Familien genommen werden müssen, weil eine akute Gefahr für ihr Wohl besteht oder sich ihre Eltern aus einem anderen Grund nicht um sie kümmern können, brauchen sie sofort einen sicheren Ort. In diesen Fällen kommen Bereitschaftspflegepersonen ins Spiel. Sie nehmen Kinder für einen begrenzten Zeitraum bei sich auf, bis das Jugendamt eine langfristige Lösung gefunden hat. Es ist eine Aufgabe, die viel Flexibilität, Einfühlungsvermögen und Stabilität erfordert.
Wer kann Bereitschaftspflegeperson werden?
Bereitschaftspflege ist eine Herausforderung, die Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebensmodellen übernehmen können. Alleinstehende, Paare mit oder ohne Kinder – grundsätzlich kommen alle infrage, die ein stabiles Umfeld bieten können. Wichtig ist, dass die Bereitschaftspflegeperson in der Lage ist, sich kurzfristig auf ein Kind einzulassen, das oft belastende Erfahrungen mitbringt und möglicherweise verunsichert oder ängstlich ist.
Menschen mit pädagogischer oder sozialer Ausbildung sind besonders geeignet, doch auch ohne beruflichen Hintergrund in diesem Bereich können Pflegepersonen eine wertvolle Stütze sein. Entscheidend ist die innere Stabilität, die Fähigkeit, sich auf unklare Zukunftsperspektiven einzulassen, und die Bereitschaft, eng mit dem Jugendamt und anderen Fachstellen zusammenzuarbeiten.
Alter und Familienstruktur: Gibt es Vorgaben?
Die Altersvorgaben für Bereitschaftspflegepersonen variieren je nach Jugendamt, aber generell müssen sie volljährig sein, oft wird ein Mindestalter von 25 Jahren empfohlen. Ein Höchstalter gibt es nicht, solange die Person gesundheitlich in der Lage ist, sich um ein Kind zu kümmern. Für leibliche Kinder im Haushalt gibt es meist keine festen Altersgrenzen, aber ein gewisser Altersabstand zum Pflegekind wird oft angestrebt, um Konflikte zu vermeiden und eine natürliche Rollenverteilung zu ermöglichen. Die Bedürfnisse der eigenen Kinder müssen genauso berücksichtigt werden wie die des aufgenommenen Kindes, damit sich alle in der neuen Situation wohlfühlen.
Welche Wohnsituation ist erforderlich?
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Wohnraum. Kinder, die in Bereitschaftspflege kommen, haben oft nur wenige eigene Dinge dabei und befinden sich in einer Ausnahmesituation. Ein eigenes Zimmer hilft ihnen, sich sicher und geborgen zu fühlen. In den meisten Fällen erwarten Jugendämter, dass ein separates Zimmer für das Pflegekind vorhanden ist, vor allem bei älteren Kindern. Bei sehr jungen Kindern kann es Ausnahmen geben, wenn beispielsweise ein zusätzliches Bett im Schlafzimmer der Pflegeeltern untergebracht werden kann. Doch nicht nur der physische Raum ist entscheidend, sondern auch die emotionale Offenheit für ein Kind, das vorübergehend ein Zuhause braucht.
Wie lange bleiben Kinder in Bereitschaftspflege?
Die Dauer des Aufenthalts in der Bereitschaftspflege ist oft ungewiss. Manchmal bleibt ein Kind nur wenige Tage, in anderen Fällen mehrere Monate. Während dieser Zeit stehen enge Kontakte mit dem Jugendamt an, das regelmäßig über die weitere Perspektive entscheidet. Das bedeutet auch, dass Bereitschaftspflegepersonen mit Abschieden umgehen müssen, denn Ziel ist es immer, eine dauerhafte Lösung für das Kind zu finden – sei es eine Rückkehr in die Herkunftsfamilie oder die Vermittlung in eine dauerhafte Pflegefamilie.
Finanzielle Aspekte der Bereitschaftspflege
Finanziell erhalten Bereitschaftspflegepersonen eine Aufwandsentschädigung vom Jugendamt, die sich nach dem Alter des Kindes und dem jeweiligen Bundesland richtet. Dennoch sollte die Pflegeperson nicht aus finanziellen Gründen handeln, sondern aus der Überzeugung heraus, einem Kind in einer Notlage helfen zu wollen. Daher ist eine finanzielle Unabhängigkeit nachzuweisen. Die Kosten für die Erstausstattung – zum Beispiel Bett, Kleidung oder Kinderwagen – können vom Jugendamt übernommen oder erstattet werden, insbesondere wenn kurzfristig ein Kind aufgenommen wird.
Wo kann man sich als Bereitschaftspflegeperson bewerben?
Wer Bereitschaftspflegeperson werden möchte, sollte sich an das zuständige Jugendamt oder einen freien Träger der Jugendhilfe wenden. Diese Stellen informieren über die Voraussetzungen, begleiten den gesamten Bewerbungsprozess und bieten Schulungen an. Die Vorbereitung umfasst mehrere Schritte, darunter persönliche Gespräche, Hausbesuche und Schulungen. Je nach Jugendamt dauert dieser Prozess in der Regel mehrere Monate. Nach der erfolgreichen Anerkennung als Bereitschaftspflegeperson kann es sehr schnell gehen, bis man den ersten Anruf und kurz darauf das erste Pflegekind bekommt – manchmal innerhalb weniger Tage oder Wochen, abhängig vom Bedarf und der individuellen Eignung.
Wichtig zu wissen: Man darf auch ablehnen, wenn es gerade aus individuellen Gründen nicht passt.
Ein Alltag voller Herausforderungen und berührender Momente
Die Entscheidung, ein Kind in Bereitschaftspflege aufzunehmen, verändert den Alltag grundlegend. Pläne müssen oft spontan umgestellt werden, Termine mit dem Jugendamt, Ärzten/Ärztinnen oder Therapeut:innen kommen hinzu. Gleichzeitig gibt es viele berührende Momente, wenn ein Kind in einer schwierigen Phase zur Ruhe kommt, Vertrauen fasst und sich für eine Weile sicher fühlen kann. Bereitschaftspflege ist kein einfacher Weg, aber einer, der Kindern in Not genau das gibt, was sie am dringendsten brauchen: Schutz, Zuwendung und eine Perspektive. Die Unterstützung durch das Jugendamt ist dabei umfassend: Schulungen bereiten auf die Aufgabe vor, und während der Pflegezeit gibt es begleitende Beratung und Supervision.