Dein Kind findet nur schwer aus dem Schlaf und ist nach dem Aufwachen noch eine Weile anhänglich oder sogar wütend? Damit bist du nicht allein. Das kennen die meisten Eltern. Eine bewusste Aufwachbegleitung kann helfen, die Situation zu „entschärfen“.
Egal ob morgens oder mittags, zu Hause oder unterwegs – vielen Kindern fällt das Aufwachen schwer. Sie brauchen einen Moment, um sich zu orientieren und fit zu werden. Eltern können sie dabei unterstützen.
Einschlafbegleitung ist inzwischen weit verbreitet
Einschlafbegleitung ist inzwischen den meisten Eltern ein Begriff. Die Zeiten, in denen man Babys und kleine Kinder am Abend in ihr Bettchen gelegt und den Raum verlassen hat, sind zum Glück für viele Geschichte. Nur wenige Familien praktizieren das heutzutage noch so. Die Mehrzahl weiß, dass Kinder zum Einschlafen in den ersten Monaten oder sogar Jahren eine Begleitung brauchen. Wie sich diese gestaltet, hängt von unterschiedlichen Faktoren und nicht zuletzt ganz individuell vom Kind ab. Manche brauchen engen Körperkontakt, wollen in den Schlaf gestillt oder gestreichelt werden, anderen reicht es aus, wenn die Bezugsperson neben dem Bett sitzt und etwas vorliest oder vorsingt. Und dazwischen sowie darüber hinaus gibt es ganz vielfältige Rituale und Methoden.
Durchschlafbegleitung für die meisten selbstverständlich
In den ersten Jahren schlafen Kinder nicht durch, wie wir Erwachsene es definieren. Sie wachen in der Nacht auf und wollen sich intuitiv vergewissern, in Sicherheit zu sein. Deshalb suchen sie die Nähe zu erwachsenen Bezugspersonen. Sind diese im wahrsten Wortsinn „greifbar“, schlafen die meisten Kinder ganz schnell wieder ein. Manche brauchen etwas Unterstützung, um erneut in den Schlaf zu finden – fordern beispielsweise die Brust, ein Fläschchen oder einen Schnuller. Im Familienbett funktioniert Durchschlafbegleitung meist recht einfach und ist kaum der Rede wert. Einige Eltern erlauben auch größeren Kindern, die nachts aufwachen, unter ihre Decke zu kriechen – selbst wenn diese längst im eigenen Bett oder sogar im eigenen Zimmer schlafen.
Ist das nicht erwünscht, kann sich Durchschlafbegleitung aufwändiger gestalten und dafür sorgen, dass die Erwachsenen hinterher Probleme beim Wiedereinschlafen haben. Sind sie erst einmal durchs Haus gewandert und haben dadurch ihren Kreislauf angekurbelt, eventuell sogar das Licht unterwegs angeschaltet, sind sie oft hellwach. Dennoch handeln sie insofern richtig, als dass sie nach ihrem Kind sehen und es beruhigen. Ein Kind das in der Nacht aufwacht nicht wieder in den Schlaf zu begleiten, kann unter anderem zu langfristigen Schlafstörungen bis hin zu emotionalen Entwicklungsstörungen führen.
Die Wichtigkeit von Aufwachbegleitung unterschätzen viele
Es gibt Ausnahmefälle, in denen kleine Kinder quietschvergnügt aufwachen, freudestrahlend aus dem Bettchen hüpfen und direkt ins aktive Spiel übergehen. Sie brauchen in der Regel keine bewusste Aufwachbegleitung. Viel häufiger brauchen kleine Kinder aber eine gewisse Weile, um richtig wach zu werden. Gerade, wenn sie nicht ausschlafen dürfen, sondern geweckt werden müssen – etwa weil sie pünktlich in der Kita sein sollen. Aber auch wenn sie von alleine wach werden, haben manche Kinder zunächst Probleme, „in die Gänge“ zu kommen. Manche reagieren zudem erschrocken, wenn sie an einem anderen Ort aufwachen, als sie eingeschlafen sind (etwa, weil sie unterwegs im Autositz, Kinderwagen oder der Tragehilfe eingeschlafen sind).
Ihren Unmut zeigen Kinder auf unterschiedliche Art und Weise. Manche sind weinerlich und anschmiegsam, wollen kuscheln und getragen werden und verteidigen ihren Schnuller wie einen wertvollen Schatz. Andere reagieren wütend bis aggressiv, toben und schreien, was ein Zeichen dafür sein kann, dass sie noch desorientiert sind und eine verständnisvolle, sanfte Erklärung benötigen: „Du hast gerade noch geschlafen, jetzt bist du aufgewacht. Du bist in Sicherheit. Ich bin für dich da.“ (Bei einem Ortswechsel kurz erklären, wo man gerade ist.)
Genügend Zeit für Aufwachbegleitung einplanen
Dieses Angebot an Sicherheit sollte man jedem Kind, das gerade aufgewacht ist, machen und dafür im Tagesplan genügend Zeit einplanen. Als Mama von vier Kindern weiß ich, wie hektisch es manchmal zugehen kann und dass nach dem Mittagsschlaf auch mal ein wichtiger Termin ansteht oder man morgens früh das Haus verlassen muss. In diesen Situationen – gerade wenn Zeitdruck herrscht – werden viele Erwachsene unruhig und ungeduldig. Diese negative Stimmung kann sich auf das Kind übertragen und überhaupt erst hin zu einem kleinen „Drama“ führen.
Wenn man weiß, dass sein Kind eine Aufwachbegleitung braucht, sollte man diese grundsätzlich mit einplanen und das Kind lieber etwas früher aufwecken. Findet das Kind am Morgen schwer aus dem Schlaf, kann es hilfreich sein, einiges schon am Vorabend vorzubereiten (Frühstückstisch decken, Lunchboxen packen, Kleidung raussuchen usw.). Das schont die Nerven der Erwachsenen und gibt dem Kind ein gutes Gefühl, mit dem es entspannt in den restlichen Tag starten kann. Wie auch beim Einschlafen können beim Aufwachen feste Rituale sinnvoll sein und für Struktur sorgen. Wenn ein Kind nach dem Aufwachen in der Regel die gleiche Situation vorfindet, wird es sich nach einer Zeit besser darauf einlassen können. Auf diese Weise lernt es außerdem unterbewusst Strategien, sich selbst zu beruhigen.
Tipp: Hat man mehrere kleine Kinder, die vor dieser Herausforderung stehen, kann man entweder versuchen, sie zu unterschiedlichen Zeiten zu wecken oder ein Ritual einplanen, das mit allen gleichzeitig durchgeführt werden kann.
Rebecca Sommer
Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 36-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.