Babys sind Traglinge? Eine Behauptung im Faktencheck

Babys sind Traglinge
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Immer wieder liest und hört man die Aussage: Babys sind Traglinge. Doch was ist damit eigentlich gemeint und stimmt das überhaupt? Wir machen den Faktencheck.

Im Tierreich unterscheidet man zwischen Nesthockern, Nestflüchtern und Traglingen. Da auch wir Menschen per Definition Tiere sind, werden wir ebenso einer dieser Kategorien zugeordnet.

Nackt, blind und hilflos: Nesthocker

Zu den Nesthockern zählen beispielsweise Hunde und Katzen, Kaninchen, Mäuse, zahlreiche Vogelarten und weitere. Tiere dieser Kategorie werden unreif geboren – sind bei ihrer Geburt oft noch nackt, blind und können sich nicht eigenständig fortbewegen. Sie bleiben in ihrem „Nest“ hocken und werden dort von ihren Müttern oder beiden Elterntieren versorgt.

Bereit, die Welt zu erkunden: Nestflüchter

Als Nestflüchter bezeichnet man Tiere, die bereits reif geboren werden. Sie haben ein schützendes Fell, können sehen und hören und sich schon wenige Minuten nach der Geburt eigenständig fortbewegen. Zwar folgen sie in der Regel ihrer Mutter, könnten aber in Notsituationen auch selbst fliehen. Zu den Nestflüchtern zählen beispielsweise Pferde, Feldhasen, Elefanten, Hühner und viele weitere Arten.

Eine Mischung aus beidem: Traglinge

Die dritte Kategorie – Traglinge – ist erst seit den 1970er Jahren in der Wissenschaft populär. Sie beinhaltet Tiere, die sowohl Merkmale eines Nesthockers als auch eines Nestflüchters haben und von ihrer Mutter oder ihrem Vater getragen werden. Innerhalb dieser Kategorie unterscheidet man in aktive und passive Traglinge. Passive Traglinge werden in den Beuteln ihrer Mütter getragen – beispielsweise Kängurus oder Koalas. Aktive Traglinge sind etwa Affen, die sich aktiv am Fell ihrer Mütter festklammern. Und auch Menschen zählen zu den aktiven Traglingen. Erkennen kann man das unter anderem am sogenannten Moro-Reflex – einem Greifreflex, mit dem sie sich theoretisch am Fell ihrer Eltern festklammern könnten – und am Anhocken der Beine beim Hochheben.

Fazit

Ja, die Behauptung stimmt. Menschen sind Traglinge – genau genommen aktive Traglinge – und aus verhaltensbiologischer Sicht auf die Nähe zu ihren Eltern angewiesen. Weil diese kein dichtes Haarkleid mehr haben, an dem sich die Kleinen festklammern könnten, sind Tragehilfen eine praktische Erfindung. Menschenbabys haben ein angeborenes Grundbedürfnis nach Nähe, welches erfüllt werden sollte. Eltern müssen keine Sorge haben, ihr Baby mit zu viel Nähe zu verwöhnen.

Rebecca Sommer Journalistin Autorin Naturkind
Rebecca Sommer

Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 35-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.