„Windelfrei“ bedeutet nicht „komplett ohne Windel“

Windelfrei Methode
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Wie jetzt? Das ist verwirrend! Da denkt man, man kann sich unter der Windelfrei-Methode etwas vorstellen und dann erfährt man, dass windelfrei gar nicht bedeutet, dass ein Baby keine Windel trägt. Was bedeutet es denn dann?

Wegwerfwindeln sind schlecht für die Umwelt, Stoffwindeln eine nachhaltige Alternative dazu. Darüber sind viele (werdende) Eltern inzwischen bereits informiert. Immer häufiger hört und liest man in der nachhaltigen Szene aber von der sogenannten Windelfrei-Methode und darunter können sich nur wenige etwas vorstellen. Zumindest stellen sich viele nicht das vor, was damit gemeint ist. Denn Windelfrei muss nicht bedeuten, dass ein Baby 24/7 ohne Windel ist.

Was bedeutet Windelfrei denn dann?

In unserer westlichen Welt tragen die meisten Babys von Geburt an Windeln. Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Babys nicht bemerken, wenn sie Urin oder Kot abgeben müssen. Inzwischen weiß man, dass das gar nicht stimmt. Wenn ein Baby mal muss, zeigt es das vorher an, beispielsweise durch Zappeln, Meckern oder allgemeine Unruhe.

Lies dazu auch den Beitrag 69 Baby Signale erkennen für Windelfrei & Abhalten auf windelwissen.de.

Wenn Eltern oder andere Bezugspersonen das Verhalten des Babys aufmerksam beobachten, erkennen sie das recht schnell. Und DANN können sie das Baby über einer Toilette, einem Waschbecken oder Töpfchen (unterwegs auch in der Natur) abhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt hat auch ein Windelfrei-Baby in der Regel zumindest in den ersten Monaten eine klassische Windel (Wegwerf- oder Stoffvariante) oder ein sogenanntes Backup (z. B. eine Trainerhose) an. Klingt paradox, ist aber so. Damit das Ausziehen schneller geht, bevorzugen viele Windelfrei-Eltern bestimmte Kleidungsstücke wie Stulpen, die die Beine bedecken aber den Windelbereich aussparen. In Zeiten, in denen Babys zwischendurch tatsächlich keine Windel und auch kein Backup tragen, liegen sie meist auf einer saugfähigen Unterlage. In den ersten Monaten scheiden Babys noch sehr häufig aus und es wäre kaum möglich, sie wirklich jedes Mal vorher abzuhalten.

Windelfrei in der Fremdbetreuung und unterwegs

Das Vorurteil, Windelfrei sei nur etwas für Hausfrauen mit viel Zeit und funktioniere auch nur zu Hause, stimmt nicht. Zwar haben die meisten Einrichtungen nicht die Kapazitäten für die Windelfrei-Methode und die wenigsten Erzieher:innen sind damit überhaupt vertraut. Aber das ist nicht weiter schlimm – viele Windelfrei-Eltern praktizieren die Methode nur in der betreuungsfreien Zeit und auch das funktioniert. Ebenso können unterwegs oder in der Nacht Ausnahmen gemacht werden, ohne die Vorteile dieser Methode in der übrigen Zeit abzuwerten. Windelfrei ist ein flexibles Konzept ohne starre Regeln.

Warum überhaupt Windelfrei?

Die Motivation für die Windelfrei-Methode ist für viele der Umweltschutz-Gedanke. Wegwerfwindeln können auf diese Weise vermieden oder der Verbrauch zumindest deutlich reduziert werden (da die Babys abgehalten werden, ehe sie in die Windel machen). Stoffwindeln müssen seltener gewaschen werden, wodurch der Verbrauch von Wasser, Strom und Waschmittel reduziert wird. Mit der Windelfrei-Methode kann zudem Geld gespart werden, was ebenfalls einige Eltern überzeugt.

Als weitere Vorteile der Windelfrei-Methode werden von Expert:innen beispielsweise eine Stärkung des kindlichen Körpergefühls und eine Förderung der Eltern-Kind-Kommunikation genannt. Zudem soll dadurch Verdauungsproblemen vorgebeugt oder sollen diese gelindert werden können. Ein wunder Windelbereich soll bei Windelfrei-Babys sehr selten vorkommen.

Rebecca Sommer Journalistin Autorin Naturkind
Rebecca Sommer

Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 35-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.