Baby Blues oder Wochenbett-Depression? So erkennst du den Unterschied

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Dein Baby ist auf der Welt und statt tiefer Mutterliebe und grenzenloser Freude überkommen dich Zweifel und Sorgen, fühlst du dich abgeschlagen, überfordert und traurig? Das ist ganz normal. In ein postpartales Stimmungstief – das umgangssprachlich Baby Blues genannt wird – fallen viele Mütter im Wochenbett. Ab wann die vermeintliche Verstimmung mehr als eine solche und von einer behandlungswürdigen Wochenbett-Depression auszugehen ist, erfährst du in diesem Beitrag.

Eine Schwangerschaft kann eine körperlich wie psychisch anstrengende Zeit sein und auch eine Geburt ist nicht ohne. In den ersten Tagen nach der Geburt ist zudem an Schlaf nur unregelmäßig zu denken und mit einem Baby steht man plötzlich vor ganz vielen neuen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. All das wäre bereits Grund genug, sich erschöpft und müde zu fühlen und es wäre auch vollkommen verständlich, wenn sich in diese Situation Zweifel, Sorgen und ein Gefühl der Überforderung schleichen würden.

Doch Mutter Natur legt sogar noch eine Schippe drauf! Etwa ab dem dritten Tag nach der Geburt fällt der Hormonspiegel einer Frau rapide ab. Die Östrogen- und Progesteronwerte sinken und das kann spürbare Nebenwirkungen haben – etwa Kopfschmerzen, Müdigkeit, eine erhöhte Sensibilität und Reizbarkeit. Etwa 50-80 Prozent aller Mütter spüren diesen Baby Blues, der Stunden oder Tage anhalten kann. Verständnis und Unterstützung vom Umfeld, Ruhepausen und gesundes Essen sind jetzt besonders wichtig. Versuch, dich nicht selbst unter Druck zu setzen und mach dir kein schlechtes Gewissen, sondern erinnere dich immer wieder daran, was dein Körper in den letzten Monaten Enormes geleistet hat und dass er nun eine Pause verdient hat.

INFO
Eine Behandlung ist bei einem Baby Blues in der Regel nicht notwendig. Wenn du diese Anzeichen bei dir beobachtest, solltest du aber auf jeden Fall deiner Nachsorgehebamme oder deinem Gynäkologen bzw. deiner Gynäkologin davon erzählen.

Mehr als ein Baby Blues: Die Wochenbett-Depression

Bei rund 10-15 Prozent der Frauen verschwindet der vermeintliche Baby Blues nicht und entpuppt sich als ernst zu nehmende Wochenbett-Depression – eine psychische Erkrankung, die unbehandelt fatale Folgen haben kann. Hast du das Gefühl, du könntest unter einer Wochenbett-Depression leiden, solltest du keine Minute zögern und dir umgehend Hilfe suchen! Eine Wochenbett-Depression ist kein Zeichen dafür, dass du unfähig bist, eine gute Mutter zu sein und du bist damit auch gewiss nicht allein.

SUIZID-GEDANKEN?
Du denkst darüber nach, dir (und/oder deinem Baby) das Leben zu nehmen? Bitte vertrau dich umgehend einer nahestehenden Person an und/oder ruf direkt bei der kostenfreien Telefonseelsorge oder dem Notruf an! Die Nummern der Telefonseelsorge: 0800-1110111 und 0800-1110222. Den Notruf erreichst du in Deutschland und Österreich unter 112.

Mögliche Anzeichen, die für eine Wochenbett-Depression sprechen können:

  • ein dauerhaftes Gefühl von Traurigkeit
  • Häufiges oder andauerndes Weinen
  • extreme Müdigkeit und Antriebslosigkeit
  • Schlaflosigkeit (auch wenn das Baby schläft)
  • Konzentrationsprobleme
  • Gedächtnisverlust
  • Freudlosigkeit
  • Mutlosigkeit
  • Schuldgefühle
  • fehlende Muttergefühle / keine Liebe gegenüber dem Baby
  • Sorge, das Baby verletzen zu können
  • Ängste, dem Baby nicht gerecht werden zu können
  • ein niedriges Selbstbewusstsein
  • Panikatacken
  • Selbstverletzendes Verhalten
  • Selbstmord-Gedanken

Diese Symptome können, müssen aber nicht alle auftreten.

INFO
Frauen, die früher bereits unter Depressionen gelitten haben, sind besonders anfällig dafür, eine Wochenbett-Depression zu entwickeln.

Angst vor dem Jugendamt

Manche Frauen, die unter einer Wochenbett-Depression leiden, scheuen sich davor, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie Angst davor haben, dass man ihnen ihr Baby wegnehmen könnte. Diese Sorge ist vollkommen unbegründet. Eine gewöhnliche Wochenbett-Depression ist eine episodische Erkrankung und kann gut behandelt werden. Das Jugendamt kann eine hilfreiche Anlaufstelle sein – etwa um Hilfen zu beantragen und eine vorübergehende Entlastung (beispielsweise durch eine Familienhilfe) zu bekommen. So lange das Wohl deines Kindes nicht akut gefährdet ist, wird es jedoch nicht eingreifen und dir dein Kind wegnehmen! Hilfe zu suchen und anzunehmen ist ein Zeichen dafür, dass du Verantwortung für dich und dein Kind übernimmst und positiv zu werten. Das Jugendamt wird in erster Linie ein Interesse daran haben, dich und deine Familie zu unterstützen.

HILFE
Du denkst, dass du eine Wochenbett-Depression haben könntest oder ein Mensch in deinem Umfeld scheint davon betroffen zu sein? Hier findest du weitere Informationen und Hilfe:
Schatten und Licht e.V., Selbsthilfegruppe für Frauen mit Wochenbettdepressionen und Wochenbettpsychosen oder Deutsche Depressionshilfe.


Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine medizinische Beratung da und ersetzt keinesfalls den Gang zu einer Ärztin oder einem Arzt.

Rebecca Sommer Journalistin Autorin Naturkind
Rebecca Sommer

Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 35-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.