Fülle und Wandel: Der Wald im Herbst

Der Wald im Herbst
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Unsere heimischen Wälder sind zu jeder Jahreszeit wundervolle Ausflugsziele für naturverbundene Familien. Hier kann man zur Ruhe kommen, Pflanzen bestimmen, Tiere beobachten, Schätze sammeln, sportlich oder kreativ sein und Abenteuer erleben. Besonders vielseitig zeigt sich der Wald im Herbst. Dann sind zahlreiche Früchte reif und einige Wildtiere auch tagsüber aktiv. Laubbäume beeindrucken mit einem bunten Farbspiel, ehe sie ihre Blätter verlieren.

Die Natur im Wandel der Jahreszeiten zu erleben, ist immer wieder aufs Neue faszinierend. Sobald die Tage im Herbst kürzer werden und die Temperaturen sinken, bereiten sich Planzen und Tiere auf den Winter vor. Zugvögel und einige Schmetterlingsarten treten nun ihre Reise gen Süden an und einige Insekten sterben noch vor Wintereinbruch. Der Herbst im Wald ist eine Zeit der Fülle und des Wandels, des Abschieds und im weiteren Verlauf des Innehaltens. Wir Menschen können die ganz besondere Atmosphäre, die hier nun herrscht nutzen und ganz bewusst durch den Wald gehen. Ein Achtsamkeitsspaziergang, eine Meditation oder ein Waldbad sind schöne Ideen, die man jetzt – auch mit Kindern – gut umsetzen kann.

Auf Schatzsuche

Im Herbst bietet der Wald eine Fülle an Schätzen: Pilze, Nüsse, einige Beeren und Früchte wie Bucheckern und Eicheln sorgen für ein abwechslungsreiches Buffet, das Wildtiere nutzen, um sich auf den Winter vorzubereiten. Einige futtern jetzt besonders viel, um sich eine schützende Speckschicht anzulegen und andere sammeln Vorräte für die bevorstehenden nahrungsarmen Monate. Tiere die ansonsten in der Dämmerung oder Nacht aktiv sind, kann man mit etwas Glück jetzt auch tagsüber beobachten. In Wäldern die nicht in ausgewiesenen Schutzgebieten liegen, darf man kleine Mengen an Naturmaterialien auch selbst sammeln – zum Verzehr, Basteln oder als Dekoration. Hier gilt die „Handstraußregel“: So viel, wie zwischen Daumen und Zeigefinger passt, darf man aus der Natur entnehmen. Davon ausgeschlossen sind geschützte Arten. Man muss aber auch nicht unbedingt etwas mitnehmen, um sich daran zu erfreuen. Mit Kindern ab etwa vier Jahren kann man auf andere Art auf Schatzsuche gehen. Hierfür zuvor eine Vorlage ausdrucken oder selbst gestalten, auf der verschiedene Dinge abgebildet sind. Mit aufmerksamem Blick streift man nun durch den Wald und sobald man eines der gesuchten Dinge gefunden hat, hakt man es ab.

Es gibt kein schlechtes Wetter

Echte Naturkinder zieht es bei Wind und Wetter aus dem Haus. Mit der geeigneten Kleidung, die vor Kälte und Nässe schützt, kann man auch im wechselhaften Herbst in der Natur unterwegs sein. Das gilt allerdings nicht uneingeschränkt und für alle Wetterlagen. Ab Windstärke 6 kann es draußen, insbesondere im Wald, sehr gefährlich werden. Äste können abbrechen und ganze Bäume umstürzen. Ist ein derartig starker Wind angesagt, sollte man den geplanten Ausflug verschieben. Auch an den folgenden Tagen sollte man besonders vorsichtig unterwegs sein, denn dann können noch immer abgebrochene Äste in den Kronen hängen und herabfallen und Bäume, die gegen andere Bäume gekippt sind und daran vorerst Halt gefunden haben, komplett umfallen. Das gleiche gilt bei und nach starkem Regen und Schneefall. Bei Hagel sollte man ebenfalls Schutz suchen und auch Gewitter sind nicht zu unterschätzen.

Buchen sollst du suchen?

Ein altes Sprichwort, das viele von uns noch in der Schule gelernt haben lautet: 

Vor den Eichen sollst du weichen und die Weiden sollst du meiden. Zu den Fichten flieh mitnichten. Doch die Buchen sollst du suchen 

Volksmund

Es bezieht sich auf das vermeintlich richtige Verhalten bei einem Gewitter. Diese Volksweisheit sollten wir ganz schnell vergessen – denn bei einem Gewitter sind alle Bäume, gleich welcher Art, zu meiden – ebenso wie Holzmasten, Hochsitze und Gewässer. Auch in Kammlagen sollte man sich dann nicht aufhalten. Bei Gewittern ist man am sichersten in einem Gebäude mit Blitzableiter. In einem Auto – mit Ausnahme von Cabriots ohne Überrollbügeln – muss man sich vor einem Blitzeinschlag auch nicht fürchten, denn dieses hat eine abschirmende Wirkung. Wer während eines Gewitters im Wald unterwegs ist und sich weder in ein geeignetes Gebäude noch Auto flüchten kann, sollte vor allem den Waldrand und besonders hohe Bäume meiden. Sicherer ist es im Waldinneren, in der Nähe von niedrigeren, jungen Bäumen. Hier sollte man mit dicht beieinander stehenden Füßen in die Hocke gehen. Einen Regenschirm sollte man jetzt nicht aufspannen. Hat man ein Fahrrad dabei, sollte man es abstellen und nicht mehr anfassen, bis das Gewitter vorbei ist. 

Bäume im Herbst

Während alle heimischen Nadelbäume außer der Lärche das ganze Jahr grün bleiben, werfen Laubbäume ihre Blätter im Herbst ab, um Wasser zu sparen. Über die Blätter verdunstet eine große Menge an Wasser und im Winter können Bäume davon nicht so viel aufnehmen, weil der Boden oft gefriert. Im Herbst entziehen Bäume ihren Blättern zunächst Nährstoffe – unter anderem Chlorophyl – und verschließen dann die Blattstiele. Die Blätter werden nicht mehr versorgt, welken und fallen schließlich ab. Während dieses Prozesses verändern sie ihre Farbe von Grün über verschiedene Gelb- und Orangetöne bis hin zu Braun. Herabgefallenes Laub hat wichtige Funktionen im Wald. Es schützt den Boden vor Austrocknung, zahlreiche kleine Pflanzen vor Bodenfrost, dient einigen Tieren als Winterquartier und wird nach und nach von Kleinstlebewesen in wertvollen Humus umgewandelt. 

Tierische Waldbewohner im Herbst

Laubhaufen werden unter anderem von Igeln und Spitzmäusen zum Überwintern genutzt, dienen aber auch als Rückzugsorte für Spinnen, Regenwürmer, Käfer, Molche, Asseln, Raupen, Falter und andere Tiere. Bei Waldspaziergängen sieht man im Herbst häufig Eichhörnchen. Sie sind gerade damit beschäftigt, einen Nahrungsvorrat für den Winter anzusammeln und zu verstecken. Emsig tragen sie Früchte wie Eicheln, Bucheckern, Samen und Nüsse herum. Bis zu 10.000 Stück davon versteckt ein einziges Eichhörnchen im Herbst. Eichhörnchen gehören zu den Tieren, die keinen festen Winterschlaf machen sondern eine Winterruhe halten. Sie kommen zwischendurch immer wieder aus ihrem Versteck um Nahrung aufzunehmen. 

Eine dicke Fettschicht fressen sich nun Waldtiere wie Rehe, Hirsche und Wildschweine an. Im Winter stellen sie ihren Stoffwechsel um und sind nur noch wenig aktiv. Sie finden dann wenig Futter und zehren von ihren Reserven. 

Für manche Insektenarten endet mit dem Herbst ihr Lebenszyklus. Bei Wildbienen etwa findet nun ein Generationenwechsel statt. Eine junge Königin wird zusammen mit der Brut überwintern und den neuen Staat im kommenden Frühjahr anführen. Die vorherige Königin sowie ihre Arbeiterinnen und die Drohnen sterben im Herbst. Zur gleichen Zeit entsteht im Wald neues Leben: Einige Tiere wie Hirsche, Wildschweine und Füchse und auch Fledermäuse paaren sich im Herbst.

Rebecca Sommer Journalistin Autorin Naturkind
Rebecca Sommer

Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 35-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.