In vielen deutschen Städten und auch in einigen ländlichen Regionen gibt es in Parks und anderen Anlagen sogenannte Schnullerbäume oder Nuckibäume. Traditionell hängen Kinder ihre geliebten Beruhigungssauger daran auf, wenn der Tag des Abschieds gekommen ist. Was für Familien eine schöne Idee ist, birgt für die Natur und Tierwelt Gefahren.
Er leistet über Jahre hinweg treue Dienste und hilft Babys und Kleinkindern dabei, sich zu beruhigen. Der Beruhigungssauger, liebevoll auch Schnuller, Schnulli, Nuckel, Nucki, Duddel oder Duddi genannt. 60 bis 80 Prozent aller Kinder in Industriestaaten bekommt einen. Weil das Saugen über einen längeren Zeitraum hinweg jedoch schädlich für die Zahnstellung und Sprachentwicklung sein kann, raten Expert:innen, das praktische Gadget bis spätestens zum dritten Geburtstag abzugewöhnen. Gar nicht so einfach. Die wenigsten Kinder freuen sich anfangs über diese Idee. Kein Wunder also, dass sich Eltern verschiedene Tricks einfallen lassen, welche die Schnuller-Entwöhnung für ihren Nachwuchs leichter machen sollen.
Der Schnullerbaum
Ein Schnullerbaum ist im Grunde ein ganz normaler Baum, der an einem öffentlichen Platz steht und für alle zugänglich ist. Er hat Äste in greifbarer Nähe und genau an diesen werden Schnuller mit Bändern aufgehängt. Viele Familien zelebrieren den Abschied vom Schnuller feierlich. Er wird in einer Schachtel transportiert, wie ein wertvoller Schatz ausgepackt und nach dem Aufhängen an den Baum gibt es Jubel und Applaus. Kleinkinder die sich auf diese Weise von ihrem Schnuller (oder gar Fläschchen) verabschieden, behalten das Erlebnis meist in positiver Erinnerung und sind stolz, nun zu den „Großen“ zu gehören. Manche besuchen ihren Schnuller in den nächsten Wochen noch regelmäßig. Doch diese Tradition hat nicht nur Positives. Für die Natur und Tierwelt birg sie sogar ernste Gefahren.
Gefahr für Natur und Tierwelt
Schnuller bestehen meist aus Plastik und Latex oder Silikon, ebenso sind die Bänder zum Aufhängen am Schnullerbaum meist solche aus Kunstfasern. Produkte aus diesen Materialien gehören in die Restmülltonne und nicht in die Natur, wo sie bis zu 400 Jahre für ihre Zersetzung benötigen und dann dennoch Mikroplastik vorhanden sein kann. Auch für Tiere wie Vögel und Eichhörnchen, die sich in Bäumen aufhalten, können die vielen Bänder und Schnuller gefährlich werden. Denn die Tiere können sich darin verfangen und verletzen oder sogar sterben. Die Mundteile von Schnullern, welche aus Latex oder Silikon bestehen, können mit der Zeit porös werden und Tiere können auf die Idee kommen, diese Teile zu fressen, was zu gesundheitlichen Problemen führen kann.
Vor den Gefahren eines Schnullerbaums warnt auch Jenifer Calvi, Pressereferentin bei der Deutschen Wildtierstiftung: „Aus Sicht des Naturschutzes ist so ein Schnullerbaum tatsächlich nicht ideal – die Nachteile liegen auf der Hand. Ein Baum sollte ein Zufluchtsort für Ästlinge – die Jungvögel, die gerade erst flügge werden – sein und bleiben, statt mit Schnullern behängt zu werden. Denn die Vögel haben keine großen Alternativen, wenn es darum geht, neue Plätze zu finden – im Gegensatz zu den Menschenkindern.“
Rebecca Sommer
Rebecca Sommer hat nach ihrem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und war als Redakteurin und Buchautorin für diverse Verlage und Medien tätig. Heute arbeitet die vierfache Mutter als Geschäftsführerin der nachhaltigen Werbeagentur between und leitet das Projekt Naturkind. Mit ihrer Familie lebt die 36-Jährige auf einem Hof in der Nähe von Hamburg.