Längst ist Wollkleidung nicht mehr mit einem Öko-Image und kratzigen Pullovern verbunden, sondern hat auch bei großen Modeketten Einzug gefunden. Doch worauf sollten wir beim Kauf von Wolle achten?
Schafwolle wird seit mehreren Jahrtausenden von Menschen für Kleidung genutzt. Bis vor etwa 200 Jahren war feine Wollkleidung aber etwas sehr kostbares und hauptsächlich wohlhabenden Personen vorbehalten. Erst die gesteigerte Wollproduktion durch Importe aus dem Ausland, vor allem Australien, China und Neuseeland und auf Gewinnmaximierung ausgelegte Züchtungen der Schafrassen hat Wollkleidung auch in andere gesellschaftliche Schichten Einzug gefunden.
Wolle und ihre Eigenschaften
Heute wird Wolle besonders für ihre temperaturausgleichenden, atmungsaktiven und schmutzabweisenden Eigenschaften geschätzt. Dabei kommt sie in ganz unterschiedlichen Verarbeitungsformen vor, beispielsweise als kuscheliger Fleece, robuster Walk oder als Materialgemisch mit Seide oder Baumwolle. Insbesondere bei Babykleidung ist Wolle-Seide Kleidung als erste wärmende Hülle sehr beliebt.
Während manche noch vor der Empfindlichkeit bei der Pflege von Wolle zurückschrecken, schätzen andere sie besonders dafür, wie pflegeleicht sie ist. Zum einen sind die Wollwaschprogramme der modernen Waschmaschinen bereits sehr sanft und zum anderen sorgt das in der Wolle enthaltene Lanolin dafür, dass Schmutz zunächst nur oberflächlich an der Wolle sitzt und oft schon ein Ausbürsten und Lüften der Kleidung reicht, sodass sie im Endeffekt seltener gewaschen werden muss als Kleidung aus Baumwolle im Vergleich. Dies wiederum kann die Lebensdauer der Kleidungsstücke verlängern.
Der Preis für günstige Wolle
Die Beliebtheit von Wollkleidung ist auch bei den großen Modelabels nicht unbemerkt geblieben, die Nachfrage steigt. Dennoch gibt es wichtige Punkte, auf die vor dem Kauf von Wolle geachtet werden sollte. So ist für ein faires und unter Tierwohl-Aspekten hergestelltes Kleidungsstück neben den Herstellungsbedingungen auch relevant, ob bei den Schafen auf Mulesing verzichtet wurde.
Mulesing ist ein schmerzhaftes und umstrittenes Verfahren, bei dem Lämmern meist ohne Betäubung ein Teil des Schwanzes, sowie die umliegende Haut entfernt wird. Besonders das Merino Schaf mit seiner faltigen Haut ist davon betroffen. Denn Mulesing soll verhindern, dass eine bestimmte Fliege, die vor allem in den Küstenregionen Australiens vorkommt, in den Hautfalten der Schafe ihre Eier legt und damit einen für die Tiere gefährlichem Madenbefall verursacht. In Neuseeland und Südafrika, wo ebenfalls viele Merino Schafe für die Wollproduktion gehalten werden wurde Mulesing bereits verboten. Doch 90 % der feinen Merino Wolle kommt aus Australien und davon sind nur 10 % Mulesing frei.
Deshalb ist es umso wichtiger, beim Kauf von Wollkleidung nicht nur auf die Arbeitsbedingungen zu schauen, sondern auch auf die Herkunft des Materials. Und besonders bei Merino Wolle aus Australien lohnt es sich, einmal mehr nachzufragen. Um am einfachsten zu erkennen, ob ein Kleidungsstück aus Mulesing freier Wolle produziert wurde, kannst du auf das GOTS (Global Organic Textile Standard) Siegel oder die Zertifizierung von kontrollierter biologischer Tierhaltung (kbT) achten.
Farina Stockamp
Farina Stockamp lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Stuttgart. 2020 war sie für das Naturkind Online-Magazin tätig.