Ein Fuchs, ein junger Wolf, ein ausgerissener Hund? Nichts dergleichen: Es ist der Goldschakal, der immer häufiger in unserer heimischen Natur beobachtet wird
Der Goldschakal (Canis aureus) ist in Europa kein Unbekannter. Schon in der Antike wurde er beschrieben, in Märchen und Mythen taucht er allerdings selten auf – anders als sein naher Verwandter, der Wolf. Dabei hat der Goldschakal eine bemerkenswerte Geschichte: Ursprünglich in Südosteuropa und Asien beheimatet, breitet sich das mittelgroße Raubtier seit den 1980er-Jahren langsam, aber stetig nach Westen aus. Mittlerweile ist er auch in Deutschland und Österreich angekommen – und zwar ganz ohne menschliche Hilfe.
Goldgelbes Fell und schlauer Blick
Auf den ersten Blick erinnert der Goldschakal an eine Mischung aus Fuchs und Wolf. Er ist deutlich kleiner als ein Wolf, wirkt zierlich, aber nicht schmächtig. Das Fell schimmert je nach Lichteinfall goldbraun bis grau, mit einem schwarzen Rückenfleck. Seine Anpassungsfähigkeit ist beeindruckend: Er kommt in offenen Landschaften, an Waldrändern, in Auen oder sogar in der Nähe menschlicher Siedlungen zurecht.
Im Osten heimisch, im Westen neugierig
Während in Österreich längst Reviere besetzt sind, steckt die Ausbreitung in Deutschland noch in den Anfängen. In Niederösterreich und dem Burgenland werden regelmäßig Goldschakale gesichtet, zum Teil mit Nachwuchs. Auch im Seewinkel und in anderen Grenzregionen gelten stabile Vorkommen inzwischen als gesichert. In Deutschland tauchten erste Tiere 2015 in Brandenburg auf. Seither gibt es vereinzelte Nachweise, etwa in Bayern, Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern. Es handelt sich meist um durchziehende Einzeltiere – doch Fachleute rechnen damit, dass sich auch hier bald erste Populationen bilden könnten.
Keine Gefahr für den Menschen
Der Goldschakal ist äußerst scheu und meidet den Kontakt zu Menschen. Angriffe sind ausgeschlossen. Auch für Haustiere wie Hunde oder Katzen stellt er keine echte Gefahr dar – sein Beutespektrum besteht überwiegend aus Kleinsäugern, Amphibien, Vögeln und Aas. Dabei spielt er eine wichtige Rolle im Ökosystem, denn er hilft, Kadaver zu beseitigen und Mäusepopulationen im Zaum zu halten.
Schwierigkeiten im Management
Der rechtliche Status des Goldschakals ist uneinheitlich geregelt. In Deutschland genießt er als streng geschützte Art nach EU-Recht besonderen Schutz, wird jedoch in der Jagdpraxis häufig nicht berücksichtigt. In Österreich ist er – je nach Bundesland – entweder geschützt oder fällt ins Jagdrecht. Das erschwert ein abgestimmtes Management. Hinzu kommt: Der Goldschakal ist ein geschickter Wanderer. Er legt problemlos über 100 Kilometer zurück und durchquert dabei sogar Autobahnen oder große Städte. Das macht eine länderübergreifende Strategie umso wichtiger – nicht zuletzt, um Konflikte mit Jäger:innen oder Nutztierhalter:innen frühzeitig zu entschärfen.
Ein Wildtier zwischen den Welten
Der Goldschakal ist ein Symbol für den Wandel in unseren Landschaften. Klimawandel, Landwirtschaft, die Rückkehr großer Beutegreifer – all das verändert das ökologische Gleichgewicht. Dass sich ein Tier wie der Goldschakal bei uns niederlässt, ist ein Zeichen für die Durchlässigkeit unserer Lebensräume. Ob man ihn als Bereicherung oder als Störenfried empfindet, hängt stark von der Perspektive ab. Die Natur jedenfalls scheint ihm einen Platz zu bieten.